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Die praktische Ausbildung der EL11

vormilitärische Ausbildung 1962

 

 

Vormilitärische Ausbildung 1961, li. G.Cornelius,H.Wendt,H.Löffler,4.v.l.:H.Gaffrontke, 5.v.l.:K.Mehnert                                      Ausbilder der Kaserne in Oschersleben führen die Ausbildung durch                                                 

Musik macht warm...

    

                                                                              Piratenfasching:H.Wendt und G.Cornelius

 

 

                                                  Angelika, Karla,Heidi,Brigitta

Im Lehrlingswohnheim

(Aus den Erinnerungen von Brigitta/Ehemalige der EL11)

Alle Namen sind verändert

 

Quietschend kam der Zug zum Stehen.

Flache Landschaft auf beiden Seiten, abgeerntete Felder, grasbewachsen der Bahnsteig. Am einsamen, sonntäglichen Bahnhofsgebäude warteten ein paar Leute, die zusteigen wollten. Den Campingbeutel auf dem Rücken und den recht schweren Koffer in der Linken, stand ich auf der unbefestigten Straße. Ich war allein und enttäuscht.

Einsam in der Fremde!

„Wie kommt man denn ins Dorf“, fragte ich eine einheimisch aussehende Frau. „Rechts geht’s nach Linigen und links über die Schranke kommen Sie nach Krottorf, Sie wollen doch bestimmt zum Lehrlingswohnheim?“ Ich bejahte und stiefelte drauflos. Hinter der Schranke kam das Dorf in Sicht. Vor drei Wochen war ich mit den Eltern und Bruder Konrad hier gewesen, heute sah alles anders aus. Damals waren wir mit den zwei Motorrollern wahrscheinlich aus einer anderen Richtung gekommen.

Schon im April hatte ich den Lehrvertrag als Elektromechaniker unterschrieben und mich gefreut, dass die Ausbildung mit einer Internatsunterbringung verbunden war. Ich war 16 und hatte die Mittlere Reife bestanden. Und jetzt war ich 300 Kilometer von zu Hause entfernt, kannte niemand, und wer weiß, was mich hier erwartete. Mir saß ein Kloß im Hals. „Du hast das so gewollt, also steh´ jetzt auch dazu“, sagte ich mir. Ich lief weiter.

Zwei Jungs mit einem gummibereiften Handwagen kamen mir entgegen.

„Na, junge Frau, ganz schön schwer, das Gepäck, das laden wir gleich mal auf“, sagte der eine.

„Entschuldigung, wir wollten pünktlich am Zug sein…, ich bin übrigens Herbert und das ist Benni“, meinte der andere. Nach 15 Minuten Fußmarsch durchs Dorf erreichten wir ein mit vielen Bäumen umstandenes großes Grundstück. Die Zufahrtsstraße verlief parallel zu einem eingemauerten Wasserlauf und endete an einem schmiedeeisernen Tor mit einem Wächterhäuschen davor. Drin hockte ein ähnlicher Typ, wie meine beiden Begleiter und grinste verlegen:

„Tachchen, der Stubi wird gleich kommen.“ Wir bogen in den mir schon bekannten Hof ein. Ein kleiner älterer Herr, vielleicht 45 Jahre, dunkelhaarig mit Halbglatze und Schnauzer, kam auf mich zu.

„Ich bin Herr Stubineck  und Erzieher hier. Ich heiße Sie herzlich in unserem Wohnheim willkommen. Sie sind doch bestimmt Margitta Pengel?“ Ich nickte verlegen. Er lächelte.
„Zuerst bringe ich Sie auf ihr Zimmer, da können Sie sich ausruhen und frisch machen, und um sechs gibt es dann Abendbrot in dem großen Haus dort drüben.“

Wir gingen in das Gebäude, früher bestimmt ein stattliches Gutshaus. Im zweiten Stock wurde mir eine Tür geöffnet, und ich betrat einen Raum mit vier Betten, zwei großen Fenstern, die auf den Hof zeigten, Tisch, Stühlen, Schränken und Nachttischchen. Auf mein fragendes Gesicht hin sagte der Erzieher, dass die anderen drei Mädels heute auch noch eintreffen würden.

Ich war also angekommen, und in einem der Betten sollte ich die Nächte der nächsten zwei Jahre verbringen. Jenes am Fenster rechts gefiel mir am besten. Ich warf die Jacke darauf und stellte das Gepäck daneben. Und nun? Ich fischte den Schokoladenrest aus dem Campingbeutel und sah aus dem Fenster. Gegenüber stand ein großes, rötliches Backsteingebäude. Unten im Portal eine zweigeteilte Tür mit Oberlicht und darüber fünf überdimensionierte Fenster. An mein „Gutshaus“ war rechtwinklig ein schmuckloser Neubau angefügt, der „Jungenflügel“, wie ich später erfuhr. In der Ecke eine Tür, die sich zu den Plattenwegen öffnete. Der Winkel, den die Häuser bildeten, wurde von einer Grünanlage mit zwei Bänken ausgefüllt. Linker Hand führte eine Brücke über den Wassergraben zu einem hohen Fabrikgebäude, und dahinter zeigten sich Gärten. Da auf dem Hof immer mehr junge Leute zu sehen waren, beschloss ich, mich hinunter zu wagen. Jeder sah mich mehr oder weniger verstohlen an, manche nickten mir zu. Das einzige Mädchen, das ich traf, fragte ich, wo es Abendbrot gäbe. „Oben im ersten Stock, ach, ich komme am besten mit und zeige es dir.“ Im Foyer des Backsteingebäudes bemerkte ich zwei in die Wand eingelassene Aquarien, Anzeigetafeln und abzweigende Gänge. Das sah nach einem Versammlungsort aus, zentral eine breite Holztreppe, die sich oben teilte und auf eine umlaufende Galerie führte.

„Links ist der Speisesaal, rechts hat die Leitung ihre Zimmer und auf der anderen Seite sind die Unterrichtsräume. Na, dann lass dir das erste Abendessen hier mal gut schmecken.“ Ein schelmisches Lächeln, und schon war sie verschwunden. Ich betrat einen Saal mit einer Bühne an der Stirnseite. Großer Lärm empfing mich. Die Tische waren zwar nur teilweise besetzt, aber die Wiedersehensfreude am Sonntag nach der Heimfahrt sorgte für Tumult. Worte und auch mal ein Stück Schinken flogen hin und her. Hinter den beiden Ausgabefenstern bemühten sich zwei Küchenfrauen, die Teller mit der von einer Tomate gekrönten Abendration in jede ausgestreckte Hand zu schieben. Plastikbrettchen und Brot entnahm man den Drahtkörben. Neben einem metallenen Teespender waren robuste Tassen aufgetürmt. „Essbesteck ist mitzubringen“, stand im Merkzettel, also setzte ich mich damit und den Dingen, die ich von der Ausgabe mitgebracht hatte, an einen leeren Tisch ganz vorn. Wieder fand ich viele Blicke auf mich gerichtet, normal, die waren eben auf die neuen Gesichter erpicht, aber keiner sprach mich an. Eilig schlang ich die beschmierte Brotscheibe herunter und ging.

Es war schon spät, als meine drei Zimmerkameradinnen eintrafen. Sie waren alle aus Gera, und ein Vater hatte sie hergefahren. Als ich und dann auch Heidi, Angelika und Karla endlich im Bett lagen, war noch so viel zu erzählen, dass wir früh beinahe das „Guten Morgen, Aufstehen!“ des Erziehers überhört hätten. Wir waren alle neugierig, was uns erwartete. Nach dem Frühstück gab es die offizielle Begrüßung durch den Direktor. Mitarbeiter, Lehrausbilder, Lehrer sowie das Heimpersonal wurden vorgestellt und die wichtigsten Regeln benannt. Ich war auf den Rundgang gespannt. Wir sahen den Großraum für die Grundausbildung, die Fachkabinette, die Werkzeugausgabe, aber auch die drei Unterrichtsräume, in denen leider wieder Russisch, aber auch Physik, Chemie, Mathe und natürlich Fachkunde, gelehrt würde.

Mit der Zeit kannten wir jeden Winkel der Betriebs-Berufs-Schule und alle der 60 Mitlehrlinge aus unserem und jenen der 45 aus dem zweiten Lehrjahr, zu den ebenfalls vier Mädchen gehörten. Dann gab es noch die, welche ihr letztes halbes Jahr im Praktikum absolvierten, die wohnten nicht mehr hier, aber oft war die Rede von ihnen. Ein Drittel von all den Lehrlingen wurde Elektromonteur, also Strippenzieher.

Zwei Tage in der Woche hatten wir Schule, an den restlichen vier lernten wir Feilen, Bohren Drehen, Schmieden, Elektrozähler prüfen, Spulen wickeln und anderes. Das war alles interessant, bis auf das Feilen, das wir fast drei Monate lang beim Entgraten von Buchstützen übten. Am besten gefielen mir Verdrahtungsarbeiten nach Schaltplan. Zum Schluss fertigten wir ein „Gesellenstück“ an. Mein Spannungs-Konstanthalter war nicht gut gelungen, er kippelte auf den selbstgedrehten Stiftbeinen wie ein neugeborenes Kalb. Es gab aber immer noch eine Drei, weil die „Innereien“ fehlerfrei gearbeitet waren.


Bald ging es um die Frage: Wer mit wem? Die blasse empfindliche Heidi und die kleine Angelika hatten einen Freund aus dem zweiten Lehrjahr. Nur Karla und ich wollten uns noch nicht so festlegen, was meinem Ruf etwas abträglich war.

Aber eines Tages war ich „Frau Schweinemeisterin“. Es war Uwe, mit dem ich händchenhaltend nach dem Dunkelwerden über die Brücke, durch die Gärten bis ans Wehr lief. Romantik und Mondschein. Beim eng aneinander gepressten Knutschen verging die Zeit viel zu schnell, was eines Tages zu einem Verweis führte: Wir hasteten an der anderen Seite des Wehres zurück, es war schon 15 Minuten nach Neun. Um Neun nicht im Heim zu sein, war ein großes Vergehen. Uwe konnte von hinten in sein Parterrezimmer kommen, aber ich musste vorn an ein Fenster klopfen. Zum Glück wurde dieses von einem Jungen geöffnet, und ich kletterte hinein.

„Ach, Fräulein Pengel, das ist ja schön, dass Sie auch schon da sind. Gehen Sie sofort auf Ihr Zimmer, das wird ein Nachspiel haben.“ Die Kamonski, die Cheferzieherin, stand auf der Treppe und hatte meinen Einstieg wohl beobachtet. Beim Appell am nächsten Morgen im Foyer wurde ich vor versammelter Mannschaft angeprangert. Uwe konnte man nichts anhaben, aber jetzt war offensichtlich, dass ich mit dem Schweinemeister ging. Er hatte diesen „Titel“, weil er für die Küchenfrauen jeden Morgen einige schwere Eimer in den Stall trug. Die Küchenabfälle wurden zur Mast von mehreren Schweinen genutzt.

Mit Uwe war ich ein halbes Jahr zusammen, dann kamen die Neuen, und er fand jetzt Karina interessant. Ich sei zu wenig wählerisch in vielerlei Hinsicht, war seine Begründung.

Jetzt sah Uwes Freund Dietmar seine Chance für gekommen. Durch seine längere Krankheit war er mir nie aufgefallen. Er hatte ein kindliches Gesicht, blaue Augen und war nicht sehr groß. Gutmütig teile er seine Westschokolade mit mir. Seine Worte, ich sei ein „piksauberes Mädel“ verstand ich zwar nicht richtig, aber sicher sollte es ein Kompliment sein.  Wir verbrachten nun alle Freizeit miteinander und kamen uns auch sonst ein wenig näher. Eines Tages schlug er mir vor, mit Fahrrädern zu ihm nach Hause zu fahren. Querfeldein konnte man das in einer knappen Stunde schaffen. Das war der Anfang, ein Ende gab es erst nach zehn Jahren.

Freizeitangebote

Neben Jungs gab es auch noch andere Kurzweil und ein fröhliches Jugendleben im Heim. Ich war bei den „Kombinattern“, dem heimeigenen Kabarett, welches im ganzen Kreis bekannt war und hin und wieder einen Auftritt in Kulturhäusern oder Kasernen hatte. Außerdem konnten wir hier am Malzirkel teilnehmen, Stoffe batiken, in den Werkstätten Geschenke anfertigen oder die Bibliothek benutzen.

Aber am meisten begeistert waren wir, wenn Dauertwist im „Fürstenzimmer“ angesagt war. Unsere hauseigene Band spielte meistens sonnabends im großen Freizeitraum. Da ging es heiß her, so dass die Petticoats flogen und die Schmachttollen wirbelten. Stubi wollte uns aber mehr kulturell auf Vordermann haben. Regelmäßig organisierte er einen Bus zum Halberstädter Theater oder zum Varieté in der Kreisstadt. Stolz besorgte er uns Autogrammkarten der Akteure. Ebbocke war der zweite Erzieher, ein Krauskopf, der überwiegend in Knickerbockern daher kam. Er war fürs Kabarett, die Zirkel, alle Requisiten und Materialien zuständig und obendrein nicht ganz so streng bei der Zimmerkontrolle: Kaum waren wir morgens verschwunden, machten sich die beiden Herren über die Räume her: Bettenmachen, Ordnung, Fußboden, Staub – dafür wurde eine Note in ein Heft eingetragen, oft mit einer Bemerkung garniert.

Am Freitag war dann großer Zimmerdurchgang mit dem LvD, „Lehrling vom Dienst“ natürlich.  Dann wurden auch die Schränke, Waschräume und Toiletten überprüft. Man kämpfte um den Titel „Bestes Zimmer“. Hatte man sich für die Heimfahrt am Wochenende eingetragen, wie etwa die Hälfte aller, war man fein raus. Die Anderen wurden eingeteilt, das ganze Haus zu wienern. Mir ist noch die schwere Bohnerbürste in Erinnerung, die gleichzeitig die Armmuskeln stärkte. Ausgang bis 24 Uhr war die Belohnung.

Wir bekamen am Anfang 85 Mark Lehrlingsgeld, welches sich auf 120 Mark steigerte. Mir ist heute noch rätselhaft, wie ich mir nach Abzug der Heimkosten davon noch Kleidung von der Dorfschneiderin machen lassen konnte. Von zu Hause bekam ich keine Zuschüsse.

Im 2. Lehrjahr bewohnte ich mit Karla zusammen ein kleines Zweibettzimmer mit schrägen Wänden unterm Dach. An einem Sonnabend, wir waren gerade von einem Theaterausflug aus dem Harz zurückgekommen, holte meine Zimmerkameradin ihr Postpaket vom Erzieherraum. Ich lag auf dem Bett und beobachtete sie beim Auspacken. Ein wunderschöner, von ihrer Mutter selbstgestrickter Pullover kam zum Vorschein, dann noch Pralinen, ein Kuchen und Kosmetikartikel. „Was soll ich denn jetzt schon mit dem Winterpullover?“

„Der sieht aber gut aus. So was bekommst du in keinem Laden“, sagte ich.

„Na ja, sie strickt eben viel, mal sehen, was sie schreibt: … Zieh dich warm an, nicht dass du dort krank wirst, … iss´ mir ordentlich, auch Obst, … wir freuen uns, wenn du bald kommst.“ Karla legte den Brief beiseite und stöhnte: „Was meine Mutter nur immer so hat.“

Ich drehte mich zur Wand, mir kamen die Tränen. Mir schickten die Eltern kein Paket. „Was ist denn, Gitta, heulst du etwa?“ Ich stritt es ab. Sie langte auf den Schrank und warf mir einen der vielen Äpfel, die von der Plantage nebenan stammten, aufs Bett. Eine Praline hätte mich mehr getröstet.

Und wo waren die schönen Erinnerungen an die Wanderung zum Bergtheater Thale und an die Oper „Freischütz“ in der herrlichen Naturkulisse - vor ein paar Stunden erst erlebt - nun geblieben? Ich trocknete mir die Augen.

 

Am Tag darauf war „Ästhetischer Sonntag“ angesetzt. Schon beim Frühstück bedeckten weiße Tücher die zusammen geschobenen Tische. Es gab aufgebackene Brötchen und unter den Tassen sogar Untertassen – wie fein! Sogar Kakao wurde gekocht und nicht der ewige Malzkaffee oder Milch. Leise getragene Musik machte die Szene gemütlich. Und Mittag erst: gedeckter Tisch mit Besteck und Tellern, die Speisen konnten wir in Schüsseln von der Essenausgabe holen. Stubi hatte wieder seine ganze Energie dafür eingesetzt. Bedingungen waren Sonntagskleidung und Tischmanieren, zu denen er uns immer wieder ermahnte.

Aber schon in der nächsten Woche drehten sich die Flügel der Mühle wieder wie immer. Jeder zählte die Tage, bis er endgültig nach Hause konnte. 

Aber nicht nur mir war klar, dass wir hier unbeschwert eine schöne Zeit unseres Lebens verbrachten.

 

Freizeitangebote

  

Winterausflug:H.Pätzoldt,B.Flegel,H.Pfeifer,xx,K.Gerold,P.Müller                          Ausflug nach Wernigerode:H.Löffler,U.Rätsch,B.Flegel                                                           

 

Zeugnisübergabe  (B.Flegel)                     Kabarettauftritt der "Kombinattern"

   

Kurze Rast während des Ausflugs nach Wernigerode

(Heidi Pfeifer, Brigitta Flegel ,Ulrich Rätsch)                                                

Mit Lehrmeister Trute(Horst Petzoldt,Angelika Petzoldt,Karla Gerold,Heidi Pfeifer, Brigitta Flegel, Peter Müller)                               




Die Abschiedsfeier der Klasse EL11 im Februar 1964

Zweieinhalb Jahre Lehrzeit liegen hinter ihnen. Nun beginnt für alle in den nächsten Tagen ein neuer Abschnitt- das Berufsleben

  

v.l.:Karla,Georg, die Chefin der Gaststätte, Hans Olbers, xx                         Georg und "Chef" am Zapfhahn: Wolfgang Bode-->EL12                      

 

links: Urich.Einer,Peter Müller,Klaus Mehne,xx, vorn Mitte:Karla Gerold, Brigitta Flegel,Holger Löffler,Georg Cornelius,H.Boldt                              v.l.:Brigitta,Holger,Karla,Georg, S.Brenner,H.Boldt,H.Pätzoldt                                                                                           



 

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